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Außer-Haus-Verpflegung und Mangelernährung im Alter

Frau reicht älterer Person Essen in einer Glasschale.

© amazing studo – stock.adobe.com

Was hat der Kochwagen mit frischen Pfannkuchen auf der Pflegestation mit Appetit und Heimat zu tun? Warum ist Mangelernährung im Alter ein komplexes Thema?

 

Interview mit Esther Schnur I DGE-Referat Gemeinschaftsverpflegung

Esther Schnur

Esther Schnur ist Diplom-Oecotrophologin und stellvertretende Leiterin im Referat Gemeinschaftsverpflegung und Qualitätssicherung bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). Sie steht für Fragen zur Gemeinschaftsverpflegung sowie DGE-Zertifizierung zur Verfügung und publiziert regelmäßig in Fachzeitschriften. Esther Schnur erarbeitet Unterstützungsmaterial für Betriebe und Einrichtungen, die sich von der DGE zertifizieren lassen möchten.

Esther Schnur ist Ernährungswissenschaftlerin und arbeitet bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Sie betreut u. a. Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung sowie Caterer bei der Zertifizierung für ein vollwertiges Verpflegungsangebot nach den DGE-Qualitätsstandards. Im Interview auf DGE-Blog berichtet Esther Schnur aus ihrem Arbeitsalltag.

DGE-Blog:
Viel diskutiert wird das Thema Mangelernährung in Bezug auf die Außer-Haus-Verpflegung in Krankenhäusern oder Pflegeinrichtungen. Welche Erfahrungen machen Sie als Ernährungswissenschaftlerin dabei?

Esther Schnur:
Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen quantitativer Mangelernährung, das betrifft Menschen, die zu dünn sind und einen Mangel an Energie, also Nährstoffen wie Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten sowie Vitaminen und Mineralstoffen haben und qualitativer Mangelernährung. Diese Gruppe ist normal- oder übergewichtig, hat allerdings ein Defizit an Vitaminen und Mineralstoffen.

Bei älteren Menschen liegt häufig eine quantitative Mangelernährung vor. Da das Hungergefühl im Alter durch verschiedene Faktoren nachlässt und ältere Menschen dadurch - bezogen auf die Menge - weniger essen, ist es vor allem entscheidend, ein Verpflegungsangebot mit einer hohen Nährstoffdichte bereitzustellen. Nährstoffdichte bedeutet weniger Volumen, viel Kalorien, Vitamine und Mineralstoffe.

Allerdings gilt es hier zu beachten, dass viele ältere Menschen bereits in einem körperlich geschwächten Zustand in Senioreneinrichtungen ankommen. Mit steigendem Alter ist es zudem schwierig, das Gewicht wieder anzuheben. Aus Daten des 14. DGE-Ernährungsberichtes geht hervor, dass 23 % bis 29 % der Bewohner*innen einer Senioreneinrichtung an Untergewicht leiden.  

Hinzu kommt der Umstand, dass es für viele ältere Menschen eine riesige Herausforderung ist, sich in einer Senioreneinrichtung einzufinden. Oft kommt noch ein Umzug in eine andere Region hinzu, weil es vielleicht näher zu den Kindern ist. Dann gibt es dort mit großer Wahrscheinlichkeit auch ein anderes Speisenangebot. Auch das ist eine große Umstellung. Das alles kann dazu führen, dass der Appetit erst einmal verloren geht.

DGE-Blog:
Wie wird damit in der Praxis umgegangen?

Esther Schnur:
Mit Essen schaffen Sie Heimat. Das ist ein großes Thema im Seniorenbereich und gerade auch, wenn Menschen aus unterschiedlichen Regionen zusammenkommen. Es geht allerdings nicht nur um die Region. Die Essgewohnheiten können selbst in der gleichen Straße ganz unterschiedlich sein. Wurde beispielsweise abends grundsätzlich nur ein Butterbrot gegessen oder gab es „warme Reste vom Mittagessen“ wie z. B. Bratkartoffeln oder eine Suppe? Gab es am Freitag immer Fisch- oder Eierspeisen oder war das egal? Fast alle kennen die Situation aus eigener Erfahrung, wenn Menschen aus zwei unterschiedlichen Familien das erste Mal zusammen Weihnachten feiern. Kartoffelsalat mit Würstchen oder Ente? Kirche oder nicht? Bescherung vor oder nach dem Essen?

Ähnlich ist es in einer Senioreneinrichtung, wenn für viele Menschen mit ganz unterschiedlichen Vorlieben und Vorerfahrungen gekocht werden soll. Selbst wenn es zum Mittag drei oder vier unterschiedliche Gerichte gibt, ist es nicht möglich, immer allen gerecht zu werden.

Außer-Haus-Verpflegung

Die Gemeinschaftsverpflegung in Deutschland ist unterschiedlich organisiert und wird von öffentlichen Trägern, privaten Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen bereitgestellt. Für die Produktion und Lieferung der Mahlzeiten werden oft externe Dienstleister*innen beauftragt, welche die Verpflegung vorbereiten und liefern. Weitere Informationen zur Gemeinschaftsverpflegung finden Sie auch in der Januar Ausgabe des DGE Wissenschaftsmagazins 1|23.

Essen hat auch viel mit Erinnerungen zu tun. Dafür ist beispielsweise auch der Geruch ganz wichtig, sowohl bei den Erwachsenen als auch bei Kindern und Kleinkindern. Der Geruchssinn liegt direkt neben dem limbischen System, das für die Steuerung der Gefühle verantwortlich ist. Der Geruch nach Zimt oder Bratapfel schafft für viele Menschen eine Erinnerung. Er vermittelt einen Moment des Wohlfühlens. Das kann zum Beispiel auf den Stationen, gerade auch für bettlägerige Menschen, genutzt werden. Das ist beispielweise mit einem Kochwagen möglich, mit denen auf den Stationen kleine Gerichte zubereitet werden. Allein der Duft nach gebratenem Speck mit Zwiebeln oder Pfannkuchen kann helfen, den Appetit anzuregen und zum Zugreifen animieren.

DGE-Blog:
Haben Sie vielen Dank für die Einblicke.