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DGE Blog

Kuhmilch (-produkte) und pflanzliche Milchalternativen in einer nachhaltigeren Ernährung

Milch und Milchprodukte waren jahrzehntelang aus dem Alltag nicht wegzudenken. Sie sind in Deutschland häufiger Bestandteil der Ernährung. Doch seit einigen Jahren steigt der Verzehr pflanzlicher Milchalternativen wie z. B. Hafer-, Soja- oder Mandeldrinks, gleichzeitig verringert sich der Verzehr von Kuhmilch.

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Mit der Nachfrage wächst auch der Markt an Produkten und deren Vielfalt.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) veröffentlichte im September 2024 ein Positionspapier zu Kuhmilch(-produkten) und pflanzlichen Milchalternativen. Darin vergleicht sie erstmals Kuhmilch und Pflanzendrinks. Vor allem die Nachhaltigkeitsdimensionen Gesundheit und Umwelt stehen dabei im Vordergrund.

Wie gesund pflanzliche Milchalternativen sind, inwiefern sie Kuhmilch ersetzen können und ob die Alternativen besser für die Umwelt sind, diese Fragen beantwortet DGE-Präsident Prof. Dr. Bernhard Watzl in diesem Blogbeitrag.

Drei Flaschen in unterschiedlicher Größe mit weißer Flüssigkeit stehen zusammen auf einem Tisch. Davor sind in Schälchen Mandeln, Hafer und Sojabohnen abgebildet.

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DGE-Blog:
Herr Prof. Dr. Watzl, immer weniger Menschen trinken Kuhmilch. Pflanzendrinks
aus Soja, Hafer, Mandel, Reis oder Erbsen liegen im Trend. Wie gesund sind diese Alternativen überhaupt?

Bernhard Watzl:
Grundsätzlich unterscheiden sich pflanzliche Milchalternativen deutlich in der Nährstoffzusammensetzung von Kuhmilch. In pflanzlichen Milchalternativen stecken im Vergleich zu Milch und Milchprodukten weniger gesättigte Fettsäuren und kein Cholesterin. Teilweise punkten die Alternativen mit sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen. Andererseits gibt es viele wichtige Inhaltsstoffe, bei denen die Milchalternativen deutlich ungünstiger abschneiden als Kuhmilch – vor allem, wenn sie nicht mit Nährstoffen angereichert sind. Insbesondere gilt das für Calcium, Jod, Vitamin B12 und Riboflavin – allesamt lebensnotwendige Stoffe, die unser Körper unbedingt braucht. Zudem hat das Eiweiß aus Kuhmilch eine hohe biologische Wertigkeit. Wichtig zu wissen ist, dass ökologisch hergestellte pflanzliche Milchalternativen nicht mit den genannten Nährstoffen angereichert werden dürfen. Deshalb ist beim Verzehr von Bio-Produkten die ausreichende Nährstoffversorgung eine besondere Herausforderung.

Aussagen zu Pflanzendrinks lassen sich schlecht verallgemeinern, denn die Produkte sind in ihrer Zusammensetzung sehr unterschiedlich. Hinzu kommt, dass bislang Ergebnisse aus Beobachtungsstudien fehlen, die den Einfluss des Verzehrs pflanzlicher Milchalternativen über einen Zeitraum von Jahren und Jahrzehnten auf die Gesundheit untersuchen.
Das heißt: Wir können nicht sagen, wie gesund oder ungesund pflanzliche Milchalternativen wirklich sind. Im Übrigen ist der Effekt eines einzelnen Lebensmittels auf die Gesundheit immer nur unter Berücksichtigung der gesamten Ernährung zu beurteilen.

DGE-Blog:
Inwiefern können pflanzliche Milchalternativen Kuhmilch ersetzen?

Bernhard Watzl:
Der durchschnittliche Verzehr von Kuhmilch liegt in Deutschland bei unter 100 g pro Tag. Diese geringe Menge durch pflanzliche Milchalternativen zu ersetzen, beeinflusst die Nährstoffversorgung nur gering, wenn ansonsten fermentierte Milchprodukte gegessen werden. Die DGE empfiehlt Kuhmilch und Milchprodukte, weil sie u. a. Calcium, Jod, Vitamin B₂ und B₁₂ liefern. Für Erwachsene liegt die empfohlene Menge bei täglich etwa 2 Portionen. Beispiele für eine Portion sind: ein Glas Milch oder eine Portion Joghurt oder eine Portion Käse.

Die DGE befürwortet angereicherte Pflanzendrinks für diejenigen, die wenig oder gar keine Kuhmilch (-produkte) konsumieren. Für Personen, die viele und üblicherweise mehr Milchprodukte als die empfohlene Menge von 2 Portionen verzehren, ebenso, allerdings ist hier die Nährstoffanreicherung weniger wichtig.

Bei Menschen, die Kuhmilch und daraus hergestellte Produkte ganz oder teilweise durch pflanzliche Milchalternativen ersetzen, kann es zu Nährstoffdefiziten kommen. Sie sollten unbedingt auf eine ausreichende Versorgung mit Calcium und Jod sowie – vor allem bei einer veganen Ernährungsweise – Vitamin B2 und Vitamin B12 achten. Jod ist z. B. selten zugesetzt.

Alternativ ist es wichtig, den Bedarf an diesen Nährstoffen über andere Lebensmittel oder Nährstoffpräparate zu decken. Für eine gesundheitsfördernde Ernährung ist letztendlich die gesamte Lebensmittelauswahl, die man in einer Woche trifft, entscheidend.
Qualifizierte Ernährungsfachkräfte können dabei unterstützen.

Neben dem Fokus auf den Nährstoffgehalt gibt es zusätzlich Kenntnisse zu Milch und Milchprodukten als Bestandteil einer gesundheitsförderlichen Ernährung. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass der Verzehr von Kuhmilch und Milchprodukten mit einem geringeren Risiko für verschiedene Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Adipositas und Typ-2-Diabetes einhergeht. Vergleichbare Daten gibt es für pflanzliche Milchalternativen nicht.

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Schon gewusst?

Viele pflanzliche Milchalternativen sind in gleicher Höhe mit Calcium angereichert, wie Kuhmilch Calcium enthält.
Da sich diese Zusätze häufig am Boden absetzen, sollten Sie Pflanzendrinks vor Verzehr unbedingt schütteln. Denn sonst könnte ihr Nährstoffgehalt deutlich geringer, als auf der Packung angegeben, sein.
Bio-Produkte dürfen aus rechtlichen Gründen nicht mit Nährstoffen angereichert werden.

Prof. Dr. Bernhard Watzl

... ist DGE-Präsident und Leiter i. R. des Instituts für Physiologie und Biochemie der Ernährung am Max Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, Karlsruhe. Er ist zudem Vorsitzender der DGE-Arbeitsgruppen „Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen“ und „Evidenzbasierte Leitlinie: Proteinzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten“.

DGE-Blog:
Sind pflanzliche Milchalternativen besser für die Umwelt
als Milch und Milchprodukte?

Bernhard Watzl:
Auch wenn die Werte für die Umweltwirkungen von Kuhmilch und pflanzlichen Milchalternativen stark schwanken, wirken sich die pflanzlichen Alternativen im Durchschnitt geringer auf die Umwelt aus. Sie tragen dazu bei, Umweltbelastungen zu reduzieren. Im Vergleich zu Kuhmilch verursachen sie durchschnittlich weniger Treibhausgasemissionen, verbrauchen weniger Wasser und beanspruchen weniger Land.

Die umfassende Bewertung der Umweltbelastung durch Lebensmittel ist von vielen Faktoren abhängig. Leider fehlen uns dafür oft Daten, sodass Produkte häufig nicht direkt miteinander verglichen werden können.
Und das macht es wiederum fast unmöglich, allgemeingültige Aussagen zu treffen.

Letztendlich ist das Ziel der DGE-Empfehlungen auch bei der Lebensmittelgruppe Kuhmilch (-produkte), eine Optimierung der Ernährung hinsichtlich Gesundheit und Umwelt zu erreichen.

DGE-Blog:
Vielen Dank für das Gespräch.