Magnesium
Magnesium reguliert eine Vielzahl biochemischer Reaktionen und zellulärer Funktionen, da es als Cofaktor von mehr als 600 Enzymen fungiert.
1. Was ist Magnesium?
- Magnesium ist ein Mineralstoff und das vierthäufigste Kation (positiv geladen) im menschlichen Körper.
- Erwachsene haben eine Gesamtkörpergehalt von etwa 25 g. Der überwiegende Teil (99 %) des Gesamtkörpermagnesiums befindet sich intrazellulär hauptsächlich in Knochen, Muskeln- und weiterem Weichteilgewebe.
2. Wozu brauchen wir Magnesium?
Magnesium reguliert eine Vielzahl biochemischer Reaktionen und zellulärer Funktionen, da es als Cofaktor von mehr als 600 Enzymen fungiert.
Magnesium ist Komplexpartner von ATP (Adenosintriphosphat) und aktiviert ATP-abhängige Enzyme wie Kinasen, Nukleotidasen, Phosphatasen sowie Carboxypeptidasen. Damit ist es unerlässlich u. a. für die Glycolyse, den Citratzyklus, den Lipidstoffwechsel, die Aminosäureaktivierung sowie die Nukleinsäuresynthese.
Magnesium bildet Komplexe mit Nukleinsäuren und stabilisiert somit die DNA und RNA. Als Komplex mit Phospholipiden stabilisiert es biologische Membranen. Magnesium beeinflusst zudem zelluläre Ionenkanäle und Transporter von Calcium, Kalium und Natrium.
Durch die membranregulierende und elektrolytregulierende Eigenschaft ist Magnesium ein Regulator der Reizübertragung, der Muskelkontraktion, des Herzrhythmus, des Gefäßtonus, des Blutdrucks und des Knochenumsatzes.
Magnesium beeinflusst zudem die Knochengesundheit als Bestandteil von Hydroxylapatitkristallen (Hauptbestandteil der Knochensubstanz) und durch die Aktivierung der Osteoblastenproliferation (Wachstum und Vermehrung von knochenbildenden Zellen).
3. Die Referenzwerte für Magnesium wurden 2021 überarbeitet - was hat sich geändert?
Die Referenzwerte für Magnesium werden nicht mehr als empfohlene Zufuhr, sondern als Schätzwert für eine angemessene Zufuhr angegeben.
Es gibt derzeit kaum belastbare Studiendaten zur Bestimmung des durchschnittlichen Magnesiumbedarfs bzw. vorliegende Studien weisen deutliche Limitationen auf. Daher kann der Magnesiumbedarf nicht in wünschenswerter Genauigkeit abgeleitet werden, um eine Zufuhrempfehlung auszusprechen.
Ebenso gibt es derzeit keinen geeigneten Biomarker für die Bestimmung des Magnesiumstatus. Die Festlegung eines Biomarkers wird dadurch erschwert, dass Magnesium überwiegend intrazellulär vorliegt; lediglich 1 % befindet sich in der extrazellulären Flüssigkeit (siehe Frage 1). Ein weiterer Grund ist das komplexe Zusammenspiel von Absorption, Mobilisierung aus Knochen und Ausscheidung über die Niere. Auch wenn die Magnesiumkonzentration im Serum in einem engen Bereich gehalten wird, (0,75 bis 0,96 mml/l), nimmt sie erst nach längerer unzureichender Versorgung (über mehrere Wochen, > 80 Tage) ab. Das heißt auch bei chronisch latenter Unterversorgung bleibt die Serumkonzentration stabil.
Die Schätzwerte für Säuglinge orientieren sich am Magnesiumgehalt der Frauenmilch und betragen für Säuglinge von 0 bis unter 4 Monaten 24 mg/Tag und im Alter von 4 bis unter 12 Monaten 80 mg/Tag.
Für Kinder und Jugendliche werden Schätzwerte anhand der durchschnittlichen Magnesiumzufuhr der Bevölkerung abgeleitet – analog zum Vorgehen der EFSA (European Food Safety Authority). Der Schätzwert für 1- bis unter 4-Jährige liegt bei 170 mg/Tag und steigt an auf 240 mg/Tag bei 7- bis 10-Jährigen. Ab 10 Jahren werden für Mädchen und Jungen zwei unterschiedliche Schätzwerte angegeben. Die Schätzwerte bei 10- bis unter 13-Jährigen betragen 270 mg/Tag für Jungen und 230 mg/Tag für Mädchen, bei 13- bis unter 15-Jährigen 280 mg/Tag für Jungen und 240 mg/Tag für Mädchen und bei 15- bis unter 19-Jährigen 330 mg für männliche Jugendliche und 260 mg/Tag für weibliche Jugendliche.
Auch für Erwachsene werden analog zur EFSA (s. o.) die Schätzwerte anhand der durchschnittlichen Magnesiumzufuhr der Bevölkerung abgeleitet und unterscheiden sich zwischen Frauen und Männern. Da es keine eindeutigen Hinweise auf einen erhöhten Magnesiumbedarf bei Menschen ≥ 65 Jahren gibt, wird für Erwachsene im Alter von 19 bis über 65 Jahre ein Schätzwert von 350 mg/Tag für Männer und 300 mg/Tag für Frauen abgeleitet.
Aufgrund der unzureichenden Datenlage und inkonsistenter Ergebnisse ist zurzeit keine Aussage darüber möglich, ob eine höhere Magnesiumzufuhr bei schwangeren gegenüber nicht schwangeren Frauen von Vorteil ist. Daher gilt derzeit für Schwangere der gleiche Schätzwert wie für nicht schwangere Frauen.
Bislang gibt es keine konsistenten Hinweise auf einen Mehrbedarf an Magnesium während des Stillens. Hinweise auf Adaptionsmechanismen (Erhöhung der Absorption sowie Reduktion der Ausscheidung über den Urin) legen nahe, dass stillende Frauen den Magnesiumverlust über die Frauenmilch kompensieren können. Daher wird für Stillende der gleiche Schätzwert wie für nicht stillende Frauen angenommen.
4. Gibt es in der deutschen Bevölkerung einen Magnesiummangel?
Ein Magnesiummangel ist bei einer ausgewogenen Ernährung bei stoffwechselgesunden Personen relativ selten. Magnesium ist in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln in ausreichender Menge vorhanden und der Magnesiumhaushalt wird über einen weiten Bereich homöostatisch aufrechterhalten.
5. Wie kann es zu einem Magnesiummangel kommen?
Eine Mangelsymptomatik entwickelt sich sekundär infolge einer beeinträchtigten intestinalen Magnesiumabsorption oder einer erhöhten renalen Magnesiumausscheidung. Ursache sind gastrointestinale Störungen wie akute oder chronische Durchfälle, Erbrechen, Malabsorption oder Dünndarmresektionen/Bypass. Außerdem können Nierenerkrankungen, chronischer Alkoholkonsum sowie chronische Zufuhr bestimmter Medikamente (u. a. Diuretika, Antibiotika, orale Kontrazeptiva) die Ursache sein.
6. Woran ist ein Magnesiummangel zu erkennen?
Symptome für einen Magnesiummangel zeigen sich erst bei sehr niedrigen Serumkonzentrationen von unter 0,5 mmol/l. Magnesium ist an zahlreichen Funktionen beteiligt und steht mit anderen Mineralstoffen in Wechselwirkung (siehe Frage 2), daher sind spezifische Symptome nicht ausschließlich auf einen Magnesiummangel zurückführen. Erste Anzeichen könnten Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit und allgemeine Schwäche sein.
Im weiteren Verlauf kann ein Magnesiummangel zu einem Mangel an Calcium und Kalium führen sowie neurologischen und kardiovaskulären Symptomen (z. B. Taubheitsgefühle, Kribbeln, Muskelkrämpfe, plötzliche Verhaltensänderungen sowie Herzrhythmusstörungen).
7. Welche Lebensmittel sind natürlicherweise reich an Magnesium?
Kerne und Samen wie Mandeln, Sonnenblumen- und Kürbiskerne, sowie Leinsamen und Sesam haben einen hohen Magnesiumgehalt. Hohe Magnesiumgehalte weisen zudem Getreideprodukte aus Vollkorn auf. Auch Kakaopulver und Bitterschokolade enthalten hohe Mengen an Magnesium.
Weitere Magnesiumquellen sind Hülsenfrüchte (z. B. Kidneybohnen, Linsen, Erbsen), grünes Blattgemüse (z. B. Mangold, Blattspinat), Fisch (z. B. dorschartige Fische) und Meeresfrüchte (z. B. Garnelen).
Getränke wie Espresso, Fruchtsäfte (z. B. schwarzer Johannisbeersaft) und Wasser liefern ebenfalls Magnesium. Beim Trinkwasser kommt es auf die Quelle und den Härtegrad an, härteres Wasser weist höhere Konzentrationen auf als weiches.
8. Können andere Lebensmittelinhaltsstoffe die Magnesiumaufnahme hemmen oder fördern?
Die Zufuhr von hohen Mengen an Mineralstoffen (Calcium, Phosphor, Eisen, Kupfer, Mangan bzw. Zink) z. B. über die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln kann die Magnesiumaufnahme hemmen. Bei physiologischen Zufuhrmengen über die Nahrung wird die Magnesiumaufnahme nicht beeinträchtigt.
9. Kann es zu erhöhten Magnesiumverlusten durch Lebensmittel oder Sport kommen?
Koffein und Alkohol können die Magnesiumausscheidung über die Niere erhöhen.
Magnesiumverluste über den Schweiß sind relativ gering. Allerdings wird diskutiert, ob sportliche Aktivität zu erhöhten Magnesiumverlusten über den Schweiß oder den Urin führen kann.
Die Position der Arbeitsgruppe Sporternährung der DGE trifft zum Thema Magnesiumverluste beim Sport folgende Aussage:
„Ob die Mineralstoffverluste über Urin und/oder Fäzes durch körperliche Aktivität erhöht sind, ist derzeit umstritten und hängt ggf. von der Belastungsintensität und dem Trainingsumfang ab. So zeigen ältere Studien eine relevant erhöhte Ausscheidung von Magnesium oder Zink. In neueren Studien konnten diese Befunde nicht bestätigt werden. So zeigte sich bei männlichen Radsportlern während einer hoch-intensiven Trainingsphase keine erhöhte renale Ausscheidung von Magnesium, Eisen, Zink oder Kupfer.“
Quelle: https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2019/12_19/EU12_2019_M712_M719.pdf (abgerufen 10.11.2021)
10. Wie kann der Referenzwert für die Magnesiumzufuhr erreicht werden?
Im Folgenden sind beispielhaft Möglichkeiten der Lebensmittelauswahl gezeigt, die den Referenzwert von 300 mg pro Tag für weibliche bzw. 350 mg pro Tag für männliche Erwachsenen von 19 Jahren bis über 65 Jahren erfüllen.
(Bei den Beispielrechnungen ist zu beachten, dass es sich nicht um einen vollständigen Tagesplan handelt.)
Tabelle 1: Beispielrechnung für die Zufuhr von Magnesium, um mindestens 300 mg bis 350 mg zu erreichen
Portionsgröße (verzehrbarer Anteil) | Lebensmittel | Magnesium in mg pro Portion |
Mischkost | ||
150 ml | Kuhmilch 3,5 % Fett | 18,0 |
4 g | Kakaogetränkepulver | 6,0 |
20 g | Butter | 0,6 |
100 g | 2 Scheiben Vollkornbrot | 55,0 |
30 g | 1 Scheibe Gouda (30 % Fett i. Tr.) | 9,9 |
30 g | Lachsschinken | 8,7 |
1,5 Liter | natürliches Mineralwasser | 45,0 |
100 ml | schwarzer Johannisbeersaft | 17,0 |
60 g | 1 Ei, gegart | 6,0 |
250 g | Kartoffel, gegart | 52,5 |
150 g | Spinat (tiefgefroren, gegart) | 91,5 |
Summe Mischkost | 310,2 mg | |
pflanzliche Kost | ||
150 g | Joghurt 3,5 % Fett | 18,0 |
150 g | Banane | 45,0 |
125 g | Aprikose | 10,0 |
60 g | Haferflocken | 77,4 |
1,5 L | natürliches Mineralwasser | 45,0 |
150 g | Feldsalat | 16,5 |
20 g | Kürbiskerne | 57,0 |
20 | Sonnenblumenkerne | 67,2 |
Summe pflanzliche Kost | 336,1 mg |
11. Wie hoch ist die Zufuhr von Magnesium in Deutschland?
Laut Nationaler Verzehrsstudie (NVS II) liegt die mittlere Zufuhr von Magnesium bei Frauen bei 284 mg und bei Männern bei 345 mg pro Tag.
12. Kann die Magnesiumzufuhr über die Nahrung zu einer Überversorgung führen? Wodurch kann eine Magnesiumüberversorgung entstehen?
Bei einer hohen Zufuhr von Magnesium aus Lebensmitteln wurden bei gesunden Personen bisher keine negativen Auswirkungen beobachtet. Die Niere kann ihre Ausscheidung auf fast 100 % erhöhen, so dass eine erhöhte Magnesiumzufuhr über die Nahrung in der Regel nicht zu einer Hypermagnesiämie führt.
Durch die Einnahme von Magnesiumsupplementen, eine übermäßige Magnesiumzufuhr über Medikamente (z. B. Abführmittel), exzessive intravenöse Magnesiumzufuhr bzw. verminderte Ausscheidung der Niere aufgrund einer Nierenerkrankung kann es zunächst zu Durchfällen kommen, ohne das ein Hypermagnesiämie vorliegt.
Bei vorliegender Hypermagnesiämie treten ab einer Serumkonzentration > 2 mmol/l Symptome einer Magnesiumintoxikation wie Übelkeit, Erbrechen, Hautrötung und Hypertonie auf. Bei Serumkonzentrationen von mehr als 2,5 mmol/l können neuromuskuläre und kardiovaskuläre Symptome auftreten.
13. Kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Magnesium negative Folgen für die Gesundheit haben?
Die EFSA (European Food Safety Authority) gibt auf Basis der Angaben des SCF (Scientific Commitee on Food) einen UL (Tolerable Upper Intake Level) für die Zufuhr von leicht löslichen Magnesiumsalzen in Nahrungsergänzungsmitteln (NEM), Wasser oder angereicherten Lebensmitteln von 250 mg/Tag an (die Zufuhr über die Nahrung ist hier nicht berücksichtigt – siehe Frage 12).
Schon ab einer Zufuhr von 300 mg Magnesium pro Tag über Nahrungsergänzungsmittel kann es bei Erwachsenen zu Durchfall kommen.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hier in Deutschland schließt sich den Ausführungen der EFSA und des SCFs an und empfiehlt für den Zusatz von Magnesium zu NEM eine Höchstmenge von 250 mg pro Tagesverzehrempfehlung eines NEM-Produkts. Weiterhin empfiehlt das BfR diese Tagesverzehrmenge auf zwei oder mehr Portionen zu verteilen.
Quelle: https://www.bfr.bund.de/cm/343/hoechstmengenvorschlaege-fuer-magnesium-in-lebensmitteln-inklusive-nahrungsergaenzungsmitteln.pdf (abgerufen 10.11.2021)
14. Magnesium wird mit der Entstehung bzw. dem Schutz vor einer Reihe von Erkrankungen in Verbindung gebracht – Ist da was dran?
Es liegen Ergebnisse von Beobachtungsstudien vor, die auf eine inverse Beziehung zwischen der Magnesiumzufuhr über die Nahrung und dem Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 und Schlaganfall hindeuten.
Hinsichtlich des Risikos für Hypertonie deuten Studienergebnisse auf eine Senkung des Blutrucks nach Magnesiumsupplementation hin.
Zudem liegen Hinweise vor, die auf einen möglichen inversen Zusammenhang zwischen der Magnesiumzufuhr und dem Risiko für Osteoporose (Beeinflussung der Knochendichte im Oberschenkelhals und Hüfte), für Kolorektalkrebs und für das metabolische Syndrom hinweisen. Für letzteres wird auch ein möglicher inverser Zusammenhang für die Serumkonzentration von Magnesium angenommen.
Allerdings lassen sich aus diesen Studiendaten für die gesunde Allgemeinbevölkerung weder Beweise für das Vorliegen einer Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Magnesiumzufuhr bzw. -supplementation und dem Risiko für diese Erkrankungen ableiten noch eine obere Zufuhrgrenze identifizieren, ab welcher kein weiterer Schutzeffekt für diese Erkrankungen zu erwarten wäre.
Hoch dosiertes intravenös verabreichtes Magnesiumsulfat wird zur Behandlung von Präeklampsie und Eklampsie eingesetzt. Hinsichtlich der Prävention von Präeklampsie kann zurzeit kein förderlicher Effekt einer Magnesiumsupplementation nachgewiesen werden. Übersichtsarbeiten zeigen keinen signifikanten Effekt einer oralen Magnesiumsupplementation auf das Risiko für Präeklampsie, perinatale Mortalität oder ein geringes Geburtsgewicht.
15. Magnesium wird zur Vorbeugung und Behandlung von Muskelkrämpfen verwendet – ist das sinnvoll?
In einer systematischen Übersichtsarbeit konnten für die Supplementation von Magnesium keine signifikanten Effekte auf die Häufigkeit sowie die Schwere und Dauer von nächtlichen Muskelkrämpfen bei älteren Erwachsenen nachgewiesen werden.
Auch für Schwangere konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden, ob sie von einer Magnesiumsupplementation profitieren.