Wie nachhaltig und wirtschaftlich sind verschiedene Speisenproduktionssysteme in der Gemeinschaftsverpflegung?
(Bonn/Fulda/Kiel) Am 1. September 2023 startet ein neues, angewandtes Forschungsvorhaben für den 15. DGE-Ernährungsbericht: Es wird in der Gemeinschaftsverpflegung gängige Speisenproduktionssysteme hinsichtlich der vier Nachhaltigkeitsdimensionen nach WBAE1 (Gesundheit, Soziales, Umwelt, Tierwohl) analysieren und miteinander vergleichen. Ziel ist ein wissenschaftlich fundiertes Indikatoren- und Bewertungssystem. Dieses soll es Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung zukünftig erleichtern, eine nachhaltigere Produktionsweise unter Erfüllung ernährungsphysiologischer Anforderungen umzusetzen. Betrachtet werden die Speisenproduktionssysteme Cook & Serve, Cook & Chill, Cook & Freeze sowie Cook & Hold. Eine Verbundpartnerschaft des Institutes für Ernährungswirtschaft e. V. (ife), Kiel, und der Hochschule Fulda, Fachbereich Oecotrophologie, Umwelt- und Nachhaltigkeitswissenschaften, führt die Studie im Auftrag des Bundesernährungsministeriums (BMEL) bis Ende August 2024 aus. Die Federführung liegt bei Prof. Dr. Silke Thiele (Kiel) und Prof. Dr. Linda Chalupová (Fulda). Die Ergebnisse werden im 15. DGE-Ernährungsbericht publiziert.
Verbundpartner
Forschungsvorhaben soll Praxislücke schließen
Die Gemeinschaftsverpflegung, die Schätzungen zufolge täglich rund 16 Millionen Tischgäste versorgt, ist ein wichtiger Ansatzpunkt zur Umsetzung einer ernährungsphysiologisch ausgewogenen und nachhaltigeren Ernährung. Um Ernährungsumgebungen nachhaltiger zu gestalten, müssen einzelne Dimensionen wie Gesundheit, Soziales, Umwelt, Tierwohl sichtbar und messbar sein. Es fehlt jedoch gegenwärtig die Möglichkeit, verschiedene Speisenproduktionssysteme im Hinblick auf diese Dimensionen einer nachhaltigeren Ernährung nach WBAE zu bewerten. Zwar greifen Standards wie die DGE-Qualitätsstandards einzelne Aspekte zur Bewertung der Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsverpflegung auf. Sie reichen jedoch nicht aus, um die verschiedenen Speisenproduktionssysteme im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit vollständig zu beurteilen und Möglichkeiten zur Verbesserung zu identifizieren. Das Forschungsvorhaben „Analyse und Bewertung gängiger Speisenproduktionssysteme in der Gemeinschaftsverpflegung hinsichtlich einer nachhaltigen Produktionsweise“ soll diese Lücke schließen und wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis zugänglich machen.
Studie gliedert sich in drei Arbeitspakete
- Grundlage ist die Erarbeitung einer Indikatorenmatrix gekoppelt mit einem Bewertungssystem. Für jeden Indikator soll eine Bewertungsgrundlage definiert werden, auf deren Basis Speisenproduktionssysteme hinsichtlich der vier Nachhaltigkeitsdimensionen eingeordnet werden können.
- Die Indikatorenmatrix mit Bewertungssystem wird anschließend in vier ausgewählten Einrichtungen der Schulverpflegung für eine Woche pilotiert. Beispielhaft soll für die vier gängigsten Speisenproduktionssysteme untersucht werden, welche Stärken und Schwächen die Produktionssysteme in den einzelnen Nachhaltigkeitsbereichen aufweisen. Um die Ergebnisse miteinander besser vergleichen zu können, findet die Pilotierung in einem Handlungsfeld, der Schulverpflegung, statt. Die hohe gesellschaftliche Bedeutung dieses Bereiches ist ein weiterer Grund.
- Anschließende Simulationsrechnungen sollen Verbesserungspotenziale aufzeigen und finale Handlungsempfehlungen für einen nachhaltigeren Einsatz der Speisenproduktionssysteme ableiten.
Forschung konzipiert und evaluiert faire Ernährungsumgebung mit
Das Forschungsvorhaben zahlt auf eine der sieben Forderungen aus dem DGE-Positionspapier „Perspektiven für die Ernährungsforschung 2022“ ein, die lautet: Gesundheitsfördernde und faire Ernährungsumgebungen sollen von der Ernährungswissenschaft (mit) konzipiert, regelmäßig evaluiert und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Mit der Veröffentlichung im 15. DGE-Ernährungsbericht erfüllt die DGE ihren satzungsgemäßen Auftrag, wissenschaftliche Erkenntnisse durch Publikationen verfügbar zu machen.
1WBAE – Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL. Gutachten 2020. „Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten.“