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Tagung

Wissenschaftliches Symposium 2021

Die For­schung der letz­ten Jah­re hat ge­zeigt, dass das in­tes­ti­na­le Mi­kro­bi­om ei­ne wich­ti­ge Rol­le für die Ge­sund­er­hal­tung des Men­schen spielt.

Er­nähr­ung und Mi­kro­bi­om

Die For­schung der letz­ten Jah­re hat ge­zeigt, dass das in­tes­ti­na­le Mi­kro­bi­om ei­ne wich­ti­ge Rol­le für die Ge­sund­er­hal­tung des Men­schen spielt. Die im Darm an­ge­sie­del­ten Mik­ro­or­ga­nis­men (Mi­kro­bi­o­ta) sind an vie­len Stoff­wech­sel- und Im­mun­funk­tio­nen be­tei­ligt. Sie sor­gen u.a. für die Er­hal­tung ei­ner in­tak­ten Darm­bar­rier­e, bie­ten Schutz ge­gen­ü­ber pa­tho­gen­en Mi­kro­or­ga­nis­men, nutz­en un­ver­dau­te In­halts­stof­fe als E­ner­gie­lie­fer­an­ten und pro­du­zier­en bi­o­lo­gi­sche, ak­ti­ve Sub­stanz­en wie z. B. kurz­ket­ti­ge Fett­säur­en o­der di­ver­se Neu­ro­trans­mit­ter. Ver­än­der­ung­en in der Zu­sam­men­setz­ung und Ak­ti­vi­tät der Mi­kro­bi­o­ta wur­den in der Ver­gang­en­heit mit ver­schie­den­en Er­krank­ung­en, wie Reiz­darm­syn­drom, chro­nisch ent­zünd­lich­en Darm­er­krank­ung­en, Al­ler­gi­en a­ber auch mit Di­a­be­tes mel­li­tus Typ 2, A­di­po­si­tas und psych­isch­en Er­krank­ung­en wie De­pres­sio­nen in Ver­bin­dung ge­bracht. Vie­le in­tern­e und ex­ter­ne Fak­tor­en wie Um­welt­ein­flüs­se, Le­bens­stil, Ge­ne­tik o­der Er­krank­ung­en kön­nen das Ö­ko­sys­tem des Darm­mi­kro­bi­oms be­ein­flus­sen. Die Er­nähr­ung gilt da­bei als größ­ter Ein­fluss­fak­tor. Mo­di­fi­ka­tio­nen kön­nen be­reits nach we­ni­gen Ta­gen Än­der­ung­en der Zu­sam­men­setz­ung und Ak­ti­vi­tät der Mi­kro­bi­o­ta be­wir­ken.

Das Wis­sen­schaft­lich­e Sym­po­si­um der DGE am 29. Sep­tem­ber nimmt sich die­sem ak­tu­el­len The­ma an und dis­ku­tiert mit na­tio­na­len und in­ter­nat­io­na­len Ex­pert­*in­nen die Rol­le der Er­nähr­ung und des Mi­kro­bi­oms für die Pa­tho­ge­ne­se chro­nisch­er Er­krank­ung­en. The­men sind u.a. die mi­kro­bi­el­le Di­ver­si­tät und lang­fris­ti­ge Sta­bi­li­tät des Mi­kro­bi­oms im Al­ter, das Zu­sam­men­spiel von Gal­len­säur­en und Mi­kro­bi­om so­wie Mi­kro­bi­om bei Neu­ge­bor­en­en und die Rol­le der Bal­last­stof­fe in der Er­nähr­ung.

Zum Ab­schluss der Ver­an­stal­tung wer­den die The­men des Ta­ges in ein­er Dis­kus­sions­run­de noch­mals zu­sam­men­ge­fasst und mit Blick auf die Rol­le des Darm­mi­kro­bi­oms zur Prä­ven­tion von Krank­heit­en dis­ku­tiert.

Nutrition and Microbiome

Research in recent years has shown that the intestinal microbiome plays an important role in maintaining human health. The microorganisms colonising the gut (microbiota) are involved in various metabolic and immune functions; for example, they maintain an intact intestinal barrier, provide protection against pathogenic microorganisms, use undigested components as energy sources, and produce biologically active substances such as short-chain fatty acids as well as a number of neurotransmitters. In the past, changes in microbiota composition and activity were associated with various diseases like irritable bowel syndrome, chronic inflammatory bowel disease, allergies, but also with type 2 diabetes mellitus, obesity and mental illnesses like depression.

Many internal and external factors like environmental and genetic factors, lifestyle, or diseases may affect the intestinal microbiome ecosystem. Nutrition is considered as the major influencing factor. Modifications may lead to changes in microbiota composition and activity after only a few days.

This current topic is the subject of the DGE Scientific Symposium on 29 September. National and international experts discuss the role of nutrition and microbiome in the pathogenesis of chronic diseases. Topics include microbial diversity and long-term stability of the microbiome in older age, interactions between bile acids and microbiome, the microbiome in newborn babies, and the role of dietary fibre.

At the end of the conference, the topics of the day will be summarised once again in a discussion group and discussed with regard to the role of the intestinal microbiome in the prevention of diseases.

Wissenschaftliche Leitung

Prof. Dr. Dirk Haller

Konzeption

Lehrstuhl für Ernährung und Immunologie, ZIEL Institute for Food & Health, TU München, Sprecher des ernährungswissenschaftlichen Sonderforschungsbereichs „Microbiome Signatures“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Programm

Uhrzeit Programmpunkt
09.00 Be­grüß­ung und Er­öff­nung / Welcome

Uhrzeit  Programmpunkt
9.45 Uhr Di­ver­si­ty of the hu­man gut mi­cro­bi­ome – les­sons from pop­u­la­tion stud­ies
Mi­kro­bi­el­le Di­ver­si­tät im Darm des Men­schen – was wir von Po­pu­la­tions­stu­di­en ler­nen
Jeroen Raes, VIB-KU Leuven, Cen­ter for Mi­cro­bi­o­lo­gy, Belgium
10.30 Uhr

Stability and function of the microbiom in the elderly
Stabilität und Funktion des Mikrobioms im Alter
Paul O’Toole, U­ni­ver­si­ty Col­lege Cork, Ireland

11.00 Uhr Kaffeepause

Uhrzeit Programmpunkt
9.45 Uhr Di­ver­si­ty of the hu­man gut mi­cro­bi­ome – les­sons from pop­u­la­tion stud­ies
Mi­kro­bi­el­le Di­ver­si­tät im Darm des Men­schen – was wir von Po­pu­la­tions­stu­di­en ler­nen
Jeroen Raes, VIB-KU Leuven, Cen­ter for Mi­cro­bi­o­lo­gy, Belgium
10.30 Uhr Sta­bi­li­ty and func­tion of the mi­cro­bi­ome in the el­der­ly
Sta­bi­li­tät und Funk­tion des Mi­kro­bi­oms im Al­ter

Paul O’Toole, U­ni­ver­si­ty Col­lege Cork, Ireland
11.00 Uhr Kaf­fee­pau­se

Uhrzeit Programmpunkt  
15.30 Uhr Ear­ly life mi­cro­bi­ota – tools for in­ter­ven­tion
Mi­kro­bi­om im Neu­ge­bo­re­nen – was braucht es für ei­nen ge­sun­den Start

Lindsay Hall, Pro­fes­sur für In­tes­ti­nal Mi­cro­bi­ome, TU Mün­chen
16.00 Uhr Di­e­ta­ry fi­bers and mi­cro­bi­ome – es­sen­tial sub­strates for a heal­thy e­co­sys­tem
Bal­last­stof­fe als es­sen­tiel­le Nähr­stof­fe für ein ge­sun­des Mi­kro­bi­om?

Stephen O`Keefe, Di­vi­sion of Ga­stro­en­ter­o­lo­gy, He­pa­to­logy & Nu­tri­tion, U­ni­ver­si­ty of Pittsburgh, USA

Dis­kus­sions­run­de / Round ta­ble and Dis­cus­sion

Uhrzeit Programmpunkt  
16.30 Uhr Lei­tung / Chair:
Thomas Bosch, Zell- und Ent­wick­lungs­bi­o­lo­gie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Teil­neh­mer / in­clu­ding spea­kers:
Thomas Clavel, RWTH Aachen
Andre Franke, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Dirk Haller, TU München

Bericht

Das Wissenschaftliche Symposium der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) zum Thema Ernährung und Mikrobion fand am 29. September 2021 erstmals in einem hybriden Format im Rahmen der 5. Bonner Ernährungstage statt. Nationale und internationale Expert*innen informierten über den Stand der Forschung, den Einfluss der Ernährung auf die Mikrobiota und den Zusammenhang zwischen Erkrankungen und mikrobiellem Ökosystem.

Zum Auftakt der Bonner Ernährungstage 2021 begrüßten Prof. Jakob Linseisen, DGE-Präsident, und Dr. Hanns-Christoph Eiden, Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), die über 400 Teilnehmenden zur ersten gemeinsamen digitalen Veranstaltung mit dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE). Prof. Dirk Haller von der TU München moderierte das Symposium zusammen mit Prof. Thomas Bosch, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, live im Studio und führte in das Tagungsthema ein. Anschließend gaben die eingeladenen Wissenschaftler*innen in verschiedenen Themenblöcken einen Überblick zum aktuellen Stand der Mikrobiomforschung.

Individualisierte Empfehlungen – die Herausforderungen

Diversität der Mikrobiota

Was eine „gesunde“ Darmmikrobiota ausmacht, kann bisher nicht definiert werden. Um dies herauszufinden, müssten zunächst normale Variationen der Bakterienzusammensetzung und Störfaktoren identifiziert werden. Unbestritten ist jedoch, dass die Mikrobiota einen großen Einfluss auf die Gesundheit des Menschen hat. Beispielsweise gibt es Hinweise, dass Personen mit Depressionen, Multipler Sklerose oder Morbus Crohn eine geringere Besiedlung mit Bacteroides 2 aufweisen als Gesunde.

Auch das Alter verändert die Mikrobiota. In einer Studie von Prof. Paul W. O’Toole, dem NuAge-Projekt, war eine mediterrane Ernährung bei älteren Menschen mit Veränderungen des Mikrobioms verbunden. Diese ging mit geringeren Entzündungswerten, besseren kognitiven Leistungen und verminderter Gebrechlichkeit einher. Die Forschungsergebnisse bestätigen, dass eine hohe Diversität der Mikrobiota ein gesundes Altern entscheidend beeinflussen.

Mikrobiom, Ernährung und Stoffwechsel

Das Mikrobiom wird neben der Ernährung auch durch die jeweilige Blutgruppe beeinflusst. Aus Zwillingsstudien ist bekannt, dass sich das Mikrobiom bei eineiigen Zwillingen ähnelt, was auf einen deutlichen Einfluss der Gene auf die Zusammensetzung der Darmmikrobiota schließen lässt. Bisher kann geschlussfolgert werden, dass einige Blutgruppen mit bestimmten Erkrankungen assoziiert sind (bspw. ist das Risiko einer Covid-19-Erkrankung mit Blutgruppe A höher als bei Blutgruppe 0). Für die Blutgruppendiät nach D’Adamo fehle aber jede Evidenz.

Intervention

Bei gestillten Säuglingen zeigt sich eine Dominanz von Bifidobacterium spp., während Säuglinge, die eine Flaschennahrung erhalten, nur 5-10 % Bifidobakterien aufweisen. Prof. Lindsay Hall von der TU München konnte in ihren Studien nachweisen, dass eine Supplementation mit Bifidobakterien (zusammen mit einer geeigneten Ernährung) bei Frühgeborenen die Mikrobiota positiv verändern und die Gesundheit fördern kann.

Fazit

Die Mikrobiomforschung steht trotz einer stetig steigenden Anzahl an Publikationen und hohem medialen Interesse erst am Anfang. Auf der Suche nach der optimalen Ernährungsweise für ein gesundes Mikrobiom ist Geduld gefragt, denn derzeit kann weder definiert werden, was genau eine „gesunde“ Mikrobiota ist, noch welche Ernährungsweise diese optimal beeinflussen könnte. Klar scheint bisher, dass eine möglichst große Diversität der Darmbakterien und eine hohe Zufuhr an Ballaststoffen die Darmgesundheit positiv beeinflussen kann. Umgekehrt wurde bei bestimmten Erkrankungen eine eingeschränkte Bakteriendiversität beobachtet.

Die Herausforderung der nächsten Jahre liegt laut der Expert*innen darin, verschiedene Disziplinen in die Mikrobiomforschung miteinzubeziehen. In zukünftigen Studien müssen möglichst präzise Daten erhoben werden, um Interaktionen mit dem Wirt genauer zu erfassen. Zudem ist mehr Standardisierung der Daten notwendig, um die Vergleichbarkeit von Studienergebnissen zu erhöhen.

Hinweis

Bonner Ernährungstage 2021

Die 5. Bonner Ernährungstage finden am 29. und 30. September 2021 als digitales Format statt. Die Bonner Ernährungstage sind eine Kooperation der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE).

Die DGE eröffnet die Veranstaltung am 29. September mit einem Wissenschaftlichen Symposium. Das BZfE schließt sich am 30. September mit dem BZfE-Forum "Herausforderungen meistern - Zukunft gestalten. Essen zwischen gestern und morgen." an.

Zertifikate

Fortbildungpunkte

Die DGE-Ver­an­stal­tung wird für die kon­ti­nu­ier­lich­e Fort­bil­dung von Zer­ti­fi­kats­in­ha­ber*innen der DGE, des VDD, des VDOE, des VFED mit 6 Punk­ten und mit 1 Punkt im Modul F für die QUETHEB-Registrierung be­rück­sich­tigt.