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Tagung

Wissenschaftliches Symposium 2022

Personalisierte Ernährung (PE) erfährt gerade eine besondere öffentliche Wahrnehmung und ist wissenschaftlich hochaktuell, obwohl sie seit über 20 Jahren in diversen Ausprägungen kommerziell angeboten wird. Eine verbindliche Definition der PE steht bisher noch aus, somit bleibt viel Spielraum zur Interpretation.

Personalisierte Ernährung neu gedacht

Ankündigungsplakat

Ankündigungsplakat

Neuerdings findet sich auch der häufig synonym verwendete Begriff Präzisionsernährung. Dieser fordert ein noch höheres Anspruchsniveau bezüglich der molekularen Beschreibung der Einzigartigkeit einer Person ein. Wurden bislang vor allem Befunde aus Genotypisierungen einbezogen, so sind es neuerdings auch Mikrobiom-Analysen die zur Individualisierung genutzt werden.

Aus den wissenschaftlichen Studien zur Wirksamkeit solcher Ansätze geht zwar hervor, dass mit der Hinwendung zum Ratsuchenden durchaus ein moderater Effekt durch die verstärkte Motivation entstehen kann. Was immer aber als weitere Bezugsquelle zur Individualisierung dient, beispielsweise Genetik, Mikrobiomdaten oder Blutanalysen, hat meist keine statistisch sicherbaren Verbesserungen des Ernährungsverhaltens bzw. Lebensstils ergeben.

In diesem Sinne muss ein recht ernüchternder Sachstand konstatiert und kritisch hinterfragt werden, ob Konzepte der PE den Erwartungen gerecht werden. Es stellt sich daher die Frage, wie PE neu gedacht und implementiert werden kann, vor allem wenn es auch ein wirksames Instrument zur besseren Prävention chronischer Krankheiten in der Bevölkerung (Public Health) werden soll. Weiterhin wird es wichtig sein, bei der Ernährungsberatung auf individuelle Vorlieben, Bedürfnisse und Fähigkeiten der Menschen einzugehen und die Kostform an deren Energie- und Nährstoffbedarf entsprechend anzupassen. Auch der Trend zu individualisierter Ernährung ist ungebrochen – denn es gibt immer mehr Werte die jenseits von Gesundheit die Kaufentscheidung beeinflussen.

Ziel des Symposiums und der Arbeitsgruppe Personalisierte Ernährung der DGE ist es, den Sachstand und die Entwicklungsperspektiven von PE mit nationalen und internationalen Experten*innen zu erörtern sowie ein neues Konzept zur PE vorzulegen und den Diskurs dazu voranzutreiben.

Wissenschaftliche Leitung

Prof. Dr. Hannelore Daniel, München

Konzeption

Prof. Dr. Hannelore Daniel und Prof. Dr. Jakob Linseisen übernehmen für die DGE-Arbeitsgruppe Personalisierte Ernährung die thematische und inhaltliche Konzeption des Symposiums. Die Arbeitsgruppe befasst sich mit den verschiedenen Aspekten der Personalisierung von Ernährung. Mit dem Wissenschaftlichen Symposium möchte sie mit nationalen und internationalen Expert*innen den Sachstand und die Entwicklungsperspektiven erörtern und ein neues Konzept Personalisierter Ernährung aufzeigen.

Programm

Uhrzeit Programmpunkt
9:00 Uhr Be­grüß­ung der Teil­nehm­en­den
Prof. Dr. Hannelore Daniel, München
Prof. Dr. Jakob Linseisen, Prä­si­dent der Deutsch­en Ge­sell­schaft für Er­nähr­ung (DGE), U­ni­ver­si­tät Augsburg


Grußworte
Dr. Hanns-Christoph Eiden, Prä­si­dent der Bun­des­an­stalt für Land­wirt­schaft und Er­nähr­ung (BLE)
9:20 Uhr Ver­leih­ung der DGE-Jour­nal­ist­en-Prei­se 2022
Dagmar v. Cramm, Freiburg
9:50 Uhr Kaffeepause
10:00 Uhr

Ein­führ­ung und Rahm­en­setz­ung: Per­so­nal­i­sier­te Er­nähr­ung
Prof. Dr. Hannelore Daniel, München

Uhrzeit Programmpunkt
10:20 Uhr Personalized Nutrition and Public Health
Prof. Murielle Bochud, University of Lausanne, Schweiz
10:50 Uhr Timely dietary assessment
Prof. Dr. Ute Nöthlings, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
11:20 Uhr Diskussion
11:30 Uhr

Kaffeepause

11:45 Uhr The PREDICT programme: New approaches towards personalization
Dr. Sarah Berry, King´s College London, England
12:15 Uhr Predicting metabolic responses to dietary intervention
Dr. Kevin Hall, National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases, Bethesda, USA
12:45 Uhr

Diskussion

Uhrzeit Programmpunkt
14:00 Uhr Lessons learned
Prof. Dr. Kurt Gedrich, TU München
14:30 Uhr Das PE-Modell der DGE: Vom Ziel zum Weg
Prof. Dr. Britta Renner, Universität Konstanz
15:00 Uhr Das PE-Modell der DGE: Vom In­di­vi­du­um zu Public Health
Prof. Dr. Anette Buyken, Universität Paderborn
15:30 Uhr

Kaffeepause

15:45 Uhr Dis­kuss­ions­run­de Per­so­na­li­sier­te Er­nähr­ung
Mo­der­a­tion: Prof. Dr. Hannelore Daniel, München

Teil­nehm­en­de:
Angela Clausen, Ver­brauch­er­zen­tra­le NRW
Dr. Simone Frey, NutritionHub
Dr. Andrea Lambeck, Be­rufs­Ver­band Oe­co­troph­o­lo­gie e. V. (VDOE)
PD DR. Christina Holzapfel, TU München
Prof. Dr. Katharina Riehn, Hoch­schul­e für An­ge­wand­te Wis­sen­schaf­ten Hamburg
für die Deutsche Land­wirt­schafts Ge­sell­schaft e. V. (DLG)
Dr. Dr. Torsten Schröder, Perfood GmbH Lübeck
Prof. Dr. Jan Wirsam, Hoch­schul­e für Tech­nik und Wirt­schaft Berlin
16:30 Uhr Einwahl zur DGE-Mitgliederversammlung
17:00 Uhr DGE-Mitgliederversammlung bis ca. 19.00 Uhr

Bericht

Das Wissenschaftliche Symposium der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) zum Thema Personalisierte Ernährung neu gedacht fand am 31. August 2022 im Rahmen der 6. Bonner Ernährungstage statt. Im hybriden Format stellten nationale und internationale Expert*innen den Stand der Forschung zu Personalisierter Ernährung (PE) sowie mögliche Zukunftsperspektiven dar. Die DGE-Arbeitsgruppe Personalisierte Ernährung präsentierte zudem ein neues PE-Modell.

Nach der Begrüßung der über 300 Teilnehmenden durch Prof. Jakob Linseisen, DGE-Präsident, und Dr. Hanns-Christoph Eiden, Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), führte Prof. Dr. Hannelore Daniel in das Tagungsthema ein. Bisher sei die PE eine Elite-Ernährung, die eindimensional auf die Gesundheit abziele, so Daniel. Für die Zukunft sei es aber wichtig, auch andere Werteorientierungen wie z. B. Umwelt oder Fairness zu berücksichtigen. Diese Aspekte wurden von der DGE-Arbeitsgruppe in ihren Überlegungen für ein neues PE-Modell mitgedacht und auf der Tagung von Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Fachrichtungen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.

Individualisierte Empfehlungen – die Herausforderungen

Bereits zu Beginn der Veranstaltung zeigte sich die Komplexität der PE-Thematik: Verschiedene Begrifflichkeiten (personalisierte Ernährung, Gendiät, genbasierte Diät, precision nutrition) und fehlende wissenschaftliche Daten stehen den hohen Erwartungen von Verbraucher*innen und Unternehmen gegenüber.  

Eine große Herausforderung liegt für die Wissenschaftler*innen in der Datenerfassung und -verarbeitung. Für individuelle Ernährungsempfehlungen – etwa zur Vermeidung chronischer Krankheiten – müssten Risiko-Scores für bestimmte Krankheiten bereits in der frühen Kindheit identifiziert werden. Diese „precision nutrition“ erfordert enorme Datenmengen aus großen Populationen sowie ausgewiesene Expertise in Datensicherheit und -verwaltung. Dabei können innovative Ernährungserhe­bungsinstrumente wie Apps Unterstützung bieten, die derzeit entwickelt werden. Neben einer präzisen Datenerfassung und einer exakten Methodik, die für diesen Forschungsbereich von besonders großer Bedeutung sind, kommt der Gewinnung von Echtzeitdaten (real-time-data) künftig eine immer größere Rolle zu. Damit könnten beispielsweise individuelle Unterschiede bei der metabolischen Antwort auf eine Mahlzeit exakt erfasst und analysiert werden. 

Personalisierte Ernährung – Quo vadis?

Die im Frühjahr 2021 gegründete DGE-Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Hannelore Daniel und Prof. Dr. Jakob Linseisen stellte ihr neues PE-Modell vor. Bei der Vision der Zukunft, dem Adaptive Personalized Nutrition Advice System (APNAS) steht der Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen, Zielen und Möglichkeiten im Mittelpunkt und weniger seine biomedizinische Charakterisierung. Dabei wird auch die Ernährungsumgebung verstärkt berücksichtigt. So kann der Einzelne – beispielsweise durch Livedatenerfassung von Zeit und Ort via mobilem Gerät – auch zu Entscheidungen zum Einkauf oder Verzehr gezielt und unmittelbar beeinflusst werden. Für den Erfolg können verschiedene Arten der Personalisierung über Apps kombiniert werden, wie etwa individuelle Beratung beim Einkauf oder persönliche Hilfe bei der Rezeptsuche. Diese neue PE könnte wesentlich zu einer nachhaltigeren und gesundheitsfördernden Ernährungsweise beitragen. Zudem kann die PE einen positiven Beitrag zu Public Health Nutrition leisten und damit zur Verbesserung des individuellen Verhaltens – insbesondere bei vulnerablen Gruppen – sowie zu neuen Möglichkeiten des Monitorings beitragen.

Hinweis

Bonner Ernährungstage

Die 6. Bonner Ernährungstage finden am 31. August und 1. September 2022 als digitales Format statt. Die Bonner Ernährungstage sind eine Kooperation der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE)

Die DGE eröffnet die Veranstaltung am 31. August mit einem Wissenschaftlichen Symposium. Das BZfE schließt sich mit dem BZfE-Forum "Ernährung 4.0 - wie die Digitalisierung unser Essen beeinflusst" am 1. September an.

Zertifikate

Fortbildungpunkte

Diese Veranstaltung wird für die kontinuierliche Fortbildung von Inhaber*innen der Zertifikate von DGE, VDD und VDOE sowie des VFED mit 6 Punkten und im Modul F für die QUETHEB-Registrierung mit 1 Punkt berücksichtigt.